• Ursächlich für das Down-Syndrom ist das überzählige Chromosom 21 (Trisomie 21), das sich bereits pränatal auf die Entwicklung auswirkt.
  • Menschen mit Down-Syndrom sind eine sehr heterogene Gruppe, d.h., zahlreiche Symptome werden als syndromtypisch aufgeführt, aber die Ausprägung ist unterschiedlich.
  • Die Kommunikation von Menschen mit Down-Syndrom kann erschwert sein durch Schwierigkeiten in den Bereichen Sprechmotorik, Sprache, Kognition und Pragmatik (Wilken, 2019).
  Das Down-Syndrom ist neben der Cerebralparese die häufigste Ursache für eine komplexe Behinderung im Kindesalter:  
   
  • Prävalenz: 1-1,4 pro 1000 Geburten (Khoshnood et al., 2011)
  • Etwa 80 % der Menschen mit Down-Syndrom haben eine leichte bis mittelschwere geistige Behinderung. Damit gehört das Down-Syndrom zu den häufigsten Ursachen für Störungen der geistigen Entwicklung.
 

Ist die Sprechstörung bei Down-Syndrom eine Dysarthrie?

Sprechmotorische Störungen bei Down-Syndrom werden im Deutschen (im Gegensatz zur englischen Literatur; z. B. Mahler & Jones, 2012) meist als Dysglossie oder Dyslalie (DGKJ, 2016) bezeichnet. Folgende Besonderheiten müssen jedoch berücksichtigt werden:

  • Neurostrukturelle Veränderungen: reduziertes Gesamtvolumen des Gehirns, Veränderungen insbesondere in Kleinhirn und Hirnstamm, also Regionen, die für Sprechmotorik (bzw. deren Kontrolle) zuständig sind (Dierssen, 2012; Menghini, Costanzo & Vicari, 2011)
  • Motorische Pathomechanismen: Hypotonie, Dyskoordination, die an Ataxie erinnern kann (Dodd & Thompson, 2001; Menghini et al., 2011; Wilson et. al., 2019)
  • Sprechmotorische Syptome: alle am Sprechen beteiligten Funktionskreise können betroffen sein (Kent & Vorperian, 2013; Kent et al. 2021)
→ Klassifikation als Dyslalie bzw. Dysglossie nicht angemessen
→ Auffälligkeiten sind mit einer Dysarthriediagnose vereinbar

Symptome der Dysarthrie bei Down-Syndrom

  Sprechatmung:   Sprechstimme:   Artikulation & Resonanz:  
  reduzierter, aber auch
erhöhter Anblasedruck
möglich
  erhöhte oder gesenkte Stimmlage,
Heiserkeit,
rauer Stimmklang,
gepresst oder behaucht
  eingeschränkte Vokaldifferenzierung, gestörte Konsonantenartkulation (z.B. Vorverlagerungen, verlängerte Verschlussphasen),
Hyper- oder Hyponasalität
 
             
      Prosodie:      
      erhöhte Artikultionsrate,
Pausen, Monotonie
     
teilweise Uneinigkeit in Hinblick auf einige Symptome innerhalb der Literatur (z.B. Coppens-Hofmann et al. 2012; Kent & Vorperian, 2013; Kummer, Marshall & Wilson, 2015; Moura et al., 2008; O’Leary et al., 2020)

Sprechstörungen bei Down-Syndrom stehen in komplexen Wechselwirkungen mit folgenden Faktoren:

Hörstörungen: begleitende Hörstörung bei 34 – 56 % (DGKJ, 2016), meist aufgrund von wiederkehrenden Mittelohrentzündungen
 
Sprachlich-kognitive Auffälligkeiten: häufig liegt eine generalisierte Entwicklungsverzögerung vor, v. a. in Form von Sprachentwicklungsstörungen oder kognitiven Einschränkungen (Finestack, Sterlin & Abbeduto, 2013; Wild et al., 2018)
 
Anatomie des Sprechapparats:
  • Hypoplasie der Mittelgesichts- und Kieferknochen, vergrößerte Tonsillen und Adenoide
    → Verengung im Oro-, Naso- und Laryngopharynx
  • verminderte nasale Resonanz aufgrund chronischer Atemwegsinfektionen
  • Hypotonie der am Sprechen beteiligten Muskeln (Coppens-Hofman et al., 2012; Ramia et al., 2014; Xu, Kaine & Ng, 2010)
  • relative Makroglossie (Kent & Vorperian, 2013)
  • Hoher Gaumen (Kent & Vorperian, 2013; Ramia et al., 2014)
  • Kehlkopf im Vgl. zur Altersnorm zu klein, senkt sich außerdem im Laufe der Entwicklung nicht vollständig ab (Venail, Gardiner & Mondain, 2004)
  • Laryngomalazien, v. a. vergrößerte Aryknorpel (Kent & Vorperian, 2013)